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Erfolgreicher, als ihnen lieb ist: «Hang»-Erfinder feiern Jubiläum

Berner Klangobjekt

Erfolgreicher, als ihnen lieb ist: «Hang»-Erfinder feiern Jubiläum

30.07.2023, 14:48 Uhr
· Online seit 29.07.2023, 08:34 Uhr
Die Berner Firma PANArt Hangbau AG feiert dieses Jahr ihr 30-Jahr-Jubiläum. Mit ihrem «Hang» wurden sie in den frühen 2000er-Jahren weltbekannt – und mussten durch die hohe Anfrage sogar die Website offline stellen. «Wir machen es nicht für den Verkauf», sagt die Betriebsleiterin Sabina Schärer.

Quelle: BärnToday / Warner Nattiel

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Was macht man, wenn die eigene Firma plötzlich viel bekannter und gefragter wird, als man eigentlich will? Die Berner PANArt Hangbau AG, die dieses Jahr ihr 30-Jahr-Jubiläum feiert, hat diese Erfahrung gemacht. Ihr Musikinstrument, beziehungsweise ihr «Klangobjekt», wie die Berner ihre Werke nennen, wurde in den Nullerjahren weltbekannt. «Wir mussten sogar die Website kurzfristig schliessen, weil zu viele E-Mails reinkamen», erinnert sich Sabine Schärer, Betriebsleiterin der PANArt Hangbau AG.

Danach hätten die Leute Briefe geschrieben, sagt Schärer, die das Hang vor über 20 Jahren mit Felix Rohner zusammen entwickelt hat, und präsentiert Kartonboxen mit Tausenden von Anfragen. Doch einen riesigen kommerziellen Erfolg will PANArt mit den Klangobjekten gar nicht erreichen: «Wir machen das nicht für den Verkauf», so Schärer. Doch was steht hinter dem Berner Betrieb, für den Menschen extra aus dem Ausland anreisen?

So wurde Bern zum Steelpan-Hotspot

Vor 30 Jahren wurde die PANArt-Steelpan-Manufaktur durch Mitglieder der «Berner Oelgesellschaft», einer Schweizer Steelband, gegründet – der Namenswechsel zur PANAart Hangbau AG erfolgte erst im Jahr 2003. Von den damaligen Gründungsmitgliedern ist heute noch Felix Rohner im Betrieb. Sabina Schärer stiess zwei Jahre später dazu und David und Basil Rohner, die Söhne des Mitbegründers, komplettierten das aktuelle Team im Jahr 2013.

Mittlerweile kommen Leute aus der ganzen Welt nach Bern, um die Klangobjekte zu kaufen. Das Gerücht, dass man sich für ein Hang bewerben müsse, dementieren die Hersteller aber. Leute, die am Hang oder anderen Objekten interessiert seien, würden aber immer nach Bern eingeladen. «Wir zeigen ihnen das Objekt und sie können es ausprobieren. Wenn es sie anspricht, können sie es erwerben», so Schärer. Aber genau das stösst auch auf Kritik, nicht für alle wollen für ein Instrument extra nach Bern reisen.

«Das, was uns zusammenbringt, ist, dass man zusammensitzt und spielt, das ist, wie wenn man mit jemanden zusammenhockt und redet», sagt David Rohner. «Es gibt Leute, die nicht gerne reden, oder die nicht reden können. Der gemeinsame Nenner, der wie Sprache ist, ist das Hang. Es ist ein Werkzeug für Kommunikation und Austausch.» Auch für Sabina Schärer ist ein Klangobjekt mehr als ein Musikinstrument: «Es ist eine ‹soziale Plastik›. Es ist für die Menschen und es löst etwas in ihnen aus.»

Jetzt wehren sie sich gegen Kopien

Gegen eine Massenproduktion habe man sich immer bewusst entschieden, erklärt Sabina Schärer: «Leute haben es uns empfohlen. Das wäre aber nicht mehr unsere Kunst.» Andere Anbieter haben dies aber anders gesehen und das Hang der Berner Schöpfer kopiert. In den vergangenen Jahren hat sich die PANArt Hangbau AG nun juristisch gewehrt und auf ihr Urheberrecht gepocht. «Man kann sich dadurch inspirieren lassen, aber soll es nicht auf dieser Basis kommerziell ausbeuten», sagt Schärer. Es geht dabei besonders um die ästhetische Gestalt. Wenn es jemand «tupfengleich» nachmache, werde man sich wehren.

Die abgekupferten Hangs (sogenannte Handpans) würden die Menschen auch verwirren, weiss Schärer. «Zum Teil ist es unmöglich, ein Hang optisch von einem Handpan zu unterscheiden. Sie klingen und reagieren aber nicht gleich und sind nicht aus dem gleichen Material. Das ist eine Kommerzialisierung ohne eigenen Beitrag.»

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Es gehe dabei nicht darum, die Kreativität anderer Menschen zu verhindern. «Man kann sich dadurch inspirieren lassen und etwas Eigenes machen. Wir können und wollen auch nicht verbieten, dass man damit spielt», so Sabina Schärer. Aktuell läuft ein Urheberrechtsverfahren wegen Hang-Plagiaten. Die Verhandlung am Berner Obergericht ist auf September 2023 angesetzt.

Wie geht es weiter?

Bei der Berner Firma ist man aber zuversichtlich, dass es auch in Zukunft mit der Manufaktur weitergehen wird. «Wenn etwas Gutes gemacht und in die Welt gegeben wird, dann wird es Interesse geben», sagt David Rohner. «Wenn man auf die Geschichte der letzten 30 Jahre blickt, kann man zuversichtlich in die Zukunft schauen.»

Die Spannung um die grosse Nachfrage beschäftigt das Unternehmen aber bis heute. «Wir haben eine grosse und globale Nachfrage, zugleich sagen wir, dass es gut ist, wenn man es vor Ort ausprobiert und nicht ‹schnell, schnell› per Online-Shopping abwickelt», so Rohner. «Etwas vom Wichtigsten, das ich hier gelernt habe, ist: Es gibt keine gute oder perfekte Lösung für dieses Problem.»

veröffentlicht: 29. Juli 2023 08:34
aktualisiert: 30. Juli 2023 14:48
Quelle: BärnToday

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