Kalte Nächte in Bern

Minustemperaturen sind für Obdachlose lebensbedrohlich

13.12.2022, 17:07 Uhr
· Online seit 13.12.2022, 14:11 Uhr
Vor einigen Tagen waren die bisher kältesten Nächte des Jahres, die Temperaturen sanken in den zweistelligen Minusbereich. Für Obdachlose ohne Notlösung kann eine Nacht im Freien deshalb lebensbedrohlich werden.
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Aktuell herrschen die kältesten Temperaturen des Jahres. Wer da nicht in einem wohlig warmen Bett, sondern auf der Strasse übernachten muss, kommt an die Grenzen des Möglichen. «Wenn man nicht gut ausgerüstet oder die Kleidung noch nass ist, können die tiefen Temperaturen unter Umständen lebensgefährlich sein», erklärt Silvio Flückiger, Leiter der mobilen Berner Interventionsgruppe «Pinto».

«Es wurde relativ schnell kalt», weiss Flückiger. Viele Obdachlose hätten kurzfristig Unterschlupf bei Bekannten oder in der Notschlafstelle gefunden. «Doch es gibt Leute, die draussen waren, für die ist es eine sehr schwierige Situation.»

Verschiedene Institutionen bieten Schlafplätze in der Wärme 

Für die Übernachtung haben Betroffene dann drei Möglichkeiten. «Das grösste ist das Passanten-Heim der Heilsarmee. Sie haben auch schon aufgestockt auf 70 Betten, damit sie den Ansturm bewältigen können», sagt Flückiger.

Ausserdem gibt es die Notschlafstellen «Sleeper» und «Pluto». Zweitere richtet sich vor allem an jüngere Leute.

Alles voll im «Sleeper»

Im «Sleeper» ist die Nachfrage nach einer Schlafstelle sehr gross. «Wir sind voll», sagt Vera, die auf der Notschlafstelle in Bern Nachtdienst macht. Alle Betten waren in den letzten Tagen voll ausgelastet, mehr Menschen können sie nicht mehr aufnehmen. «Die Brandschutzregeln müssen wir einhalten», so Vera. «Es ist ein sehr unschönes Gefühl, jemanden abzuweisen. Wir stehen aber mit den anderen Notschlafstellen in Kontakt und können Personen meist vermitteln.»

Etwa 50 Personen seien «draussen»

Während des ganzen Jahres bietet «Pinto» Unterstützung an, doch die tiefen Temperaturen fordern besondere Hilfestellungen. «Wir haben alle Betroffenen informiert, dass es so kalt wird. Zudem haben wir geschaut, wie die Betroffenen ausgerüstet sind, haben Winterschlafsäcke und Winterkleidung abgegeben oder Kleider getrocknet», sagt Flückiger. Zudem bietet die Organisation Unterschlupf im Obdachlosentreff, der jeweils am Tag zu bestimmten, jetzt ausgedehnten Zeiten offen ist.

«Pinto» rechnet mit circa 50 Menschen, die aktuell in Bern als obdachlos gelten. «In den letzten Jahren verzeichnen wir eine Zunahme», sagt Flückiger. «Es ist ein bunter Mix aus Ursachen, zum Teil auch ein Rätsel, das wir nicht lösen können.» Die eine Gemeinsamkeit aller Betroffenen sei ihr schweres Schicksal, viele seien einsam. «Wenn die Lebensumstände dazu beitragen, kann die Obdachlosigkeit jeden treffen.»

veröffentlicht: 13. Dezember 2022 14:11
aktualisiert: 13. Dezember 2022 17:07
Quelle: BärnToday

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