Stadt wusste davon

Velostationen werden seit Jahren illegal durch Kameras überwacht

· Online seit 01.02.2023, 21:05 Uhr
Die Berner Velostationen bieten vor Wetter und Diebstahl geschützte Veloparkplätze an. Um die Sicherheit der abgestellten Fahrräder zu gewährleisten, lässt die Stadt Bern als Betreiberin die Velostationen mit Videokameras überwachen. Nun wird bekannt: In vier der fünf Stationen ist die Überwachung illegal.
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Die Überwachungskameras an öffentlichen Gebäuden der Stadt Bern müssen vom Parlament nämlich bewilligt werden, so will es das Videoreglement, das 2015 in Kraft getreten ist. Bloss: Für die Kameras an den Velostationen hat es eine solche Bewilligung nie gegeben, zeigen nun Recherchen des Online-Magazins «Republik».

Parlament erfährt erst durch die Medien davon

Brisant: Die Stadt weiss mindestens seit Frühjahr 2019 über die rechtswidrige Situation ihrer Überwachungskameras. Allerdings wurden die Anlagen weder abgeschaltet, noch wurden die Öffentlichkeit oder die zuständigen Parlamentskommissionen informiert. Obligatorische Listen und Protokolle zu den illegalen Überwachungsanlagen existieren nicht, weshalb diese eigentlich wieder abmontiert hätten werden sollen, heisst es im Bericht weiter.

Auch die städtische Datenschutzaufsicht hatte Kenntnis davon und wies die Stadt auf das notwendige Prüfverfahren über die Kantonspolizei, die städtischen Datenschutzbeauftragten, den Gemeinderat bis hin zum Stadtrat hin. Die Frage, warum die Stadt bislang nicht die notwendigen Schritte unternommen hat, sei an die Stadt selbst zu richten, sagt Mirjam Graf auf Anfrage. Bis Ende Januar 2023 war sie städtische Datenschutzbeauftragte – fortan ist sie nur noch in ihrer Funktion als Ombudsfrau tätig.

Aufnahmen müssen gelöscht werden 

Graf sagt: «Der Prüfprozess wurde nie eingeleitet, weshalb es sich dabei um keine bewilligte Videoüberwachung handelt.» Die Datenschutzaufsicht habe der Stadt nach Bemerken auf zwei mögliche Handlungsschritte hingewiesen. «Wir forderten, dass entweder die Überwachung mittels eines Prüfverfahrens nachträglich legalisiert oder sie aber eingestellt wird.»

Was geht es nun weiter? «Die Aufnahmen, die vor einer Bewilligung gemacht worden sind, sind umgehend zu löschen», so Graf. Generell gilt, dass die Behörden nur auf die Echtzeitüberwachung Zugriff haben und die nachträgliche Auswertung der Kantonspolizei vorbehalten ist. Im Normalfall müssen sämtliche Aufnahmen von Überwachungskameras nach 100 Tagen gelöscht werden.

Nun berät sich die Stadtregierung 

Nach dem Medienbericht hat am Mittwoch nun der Gemeinderat über das weitere Vorgehen beraten. Der Entscheid soll am Donnerstag kommuniziert werden. Die zuständige Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün war am Mittwoch dementsprechend nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Im Vorfeld teilte die Direktion gegenüber der «Republik» mit: «Konkret soll die Stadtregierung noch vor den Sportferien einen Entscheid über das weitere Vorgehen fällen.» Es gelte einerseits die gesetzlichen Grundlagen zu beachten, andererseits würden die Bürgerinnen und Bürger auch erwarten, dass ihr Velo sicher parkiert ist.

Am Dienstag sagte die Berner Verkehrsdirektorin Marieke Kruit zudem gegenüber SRF, dass lange Zeit nicht klar gewesen sei, ob das städtische Videoreglement auch für die Velostationen gelte. Deshalb hätten zunächst viele Abklärungen getroffen werden müssen. Sie gestand aber auch ein: «Wir hätten die Sache schneller anpacken müssen, denn wir wollen keinen illegalen Zustand bei den Velostationen.»

veröffentlicht: 1. Februar 2023 21:05
aktualisiert: 1. Februar 2023 21:05
Quelle: BärnToday

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