Ethik im Sport

Klage gegen neue Meldestelle: Wirkt diese kontraproduktiv?

· Online seit 21.02.2024, 14:58 Uhr
Eine erfahrene Funktionärin des Schweizerischen Turnverbands STV klagt gegen die neue Meldestelle für Ethikverstösse im Sport. Die Verfahren könnten aus jeder Leiterin und jedem Leiter ein Täter machen, befürchtet sie.
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Seit zwei Jahren kann man bei Swiss Sport Integrity (SSI) unkompliziert Vorfälle melden, wenn ein Verdacht für unangemessenes Verhalten im Sport besteht. Damit sollen insbesondere Verletzungen der sexuellen Integrität verhindert werden. Vorfälle gab und gibt es zweifellos – vor allem im Turnsport. Wie die «Luzerner Zeitung» schreibt, hat die neue Meldestelle bisher über 650 potenzielle Ethikverstösse untersucht.

Suspendierung bewirke Vorverurteilung

Die fleissigen Meldungen – beziehungsweise der Umgang damit – gehen einer langjährigen STV-Instruktorin nun aber zu weit. Ruth Vock engagierte sich während über 50 Jahren für den Turnsport, zuletzt als Leiterin der Kunst- und Geräteturnriege des Turnvereines «Eien-Kleindöttingen».

Hintergrund ist ein Verfahren der SSI gegen einen Aargauer Trainingsleiter, der von zwei jungen Turnerinnen bei der Meldestelle angezeigt wurde. Umgehend wurde er von allen seinen sportbezogenen Funktionen suspendiert. Sowas spreche sich in der Turnwelt herum und führe zu einer Stigmatisierung des ehrenamtlichen Trainers. Das, obwohl noch lange kein Urteil eines Sportgerichts vorliege.

Meldestelle ist wichtig, aber...

Ruth Vock ist überzeugt, dass der betroffene Leiter keine Turnerin unangemessen berührt hat. Gegenüber der Luzerner Zeitung sagt sie, dass es wichtig sei, dass SSI-Meldungen von Minderjährigen «sehr ernst nehme» und diesen nachgehe. Wie die Stelle aber mit solchen Meldungen umgehe, schiesse oftmals über das Ziel hinaus und führe zu einer Vorverurteilung der Beschuldigten.

Darum hat Ruth Vock nun die Meldestelle angezeigt. Laut ihr verstösst SSI in manchen Fällen gegen die Fürsorgepflicht, die sie auch gegenüber den Leitenden hat. Viele Vereine hätten Mühe, genügend Ehrenamtliche zu finden. Solche Geschichten wie jene des Aargauer Leiters trügen zur Verschärfung der Situation bei.

So wie es scheint, ist die Anwendung des neuen Meldesystems eine heikle Gratwanderung. Gegenüber der Luzerner Zeitung sagt Swiss Sport Integrity (SSI) deutlich, dass man sich der Verantwortung bewusst sei und Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte aller Betroffenen nehme. Auf die Anzeige von Ruth Vock will sie nicht eintreten. Die Thematik müsse politisch beurteilt werden.

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veröffentlicht: 21. Februar 2024 14:58
aktualisiert: 21. Februar 2024 14:58
Quelle: PilatusToday

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