Schweizer Handball-Fans stürzen sich ins deutsche Verkehrschaos

Die Bahn streikt und die Landwirte blockieren die Strassen, die ganze Woche steht der Verkehr in Deutschland Kopf. Ist ja schön und gut, stört uns in der Schweiz ja eigentlich nicht – wenn da nicht das Eröffnungsspiel der Handball-Europameisterschaft in Düsseldorf wäre. 53'000 Zuschauerinnen und Zuschauer wollen sich den Auftakt zwischen Gastgeber Deutschland und der Schweiz anschauen – eine Rekordkulisse. Darunter sind auch zahlreiche Fans aus der Region Bern, die eigentlich mit dem Zug anreisen wollten.

Der Witz: Die Deutsche Bahn ist Partner der Euro und schon seit Monaten macht die European Handball Federation (EHF) Werbung, dass die Leute doch mit dem Zug an die Spiele reisen sollen. Doch dieser Plan fällt nun für sehr viele ins Wasser: Die Deutsche Bahn streikt von Mittwoch bis Freitag, was für starke Einschränkungen im Gleisverkehr sorgen wird. Mittlerweile empfehlen der Schweizerische Handball-Verband (SHV) und die EHF, alternative Lösungen bereitzuhaben.

Carfahrt nach Düsseldorf organisiert

So ist auch die Steffisburgerin Nina Gerber betroffen, die zusammen mit drei Freundinnen nach Düsseldorf reisen will. «Wir haben recht früh schon mitbekommen, dass es zu Komplikationen kommen kann, wenn wir mit dem Zug unterwegs sind», erklärt sie im Gespräch. Ihre Befürchtungen bewahrheiten sich nun und die Streiks treffen genau dann ein, wenn die Gruppe nach Deutschland reisen möchte. «Wir haben uns überlegt, welche Alternativen es gibt.» Kurzerhand hat die Gruppe ein Car-Unternehmen angefragt, ob es nicht eine Fahrt machen würde. «Sie waren begeistert und haben das sofort umgesetzt», sagt Gerber. «Es beinhaltet zwar immer noch das Risiko, dass wir in einen Stau geraten. Aber ich sage es mal so – wenigstens fahren sie.»

Die Anfrage habe das Unternehmen gefreut, sagt Corinne Thomet, Reiseberaterin der Gast AG. Man habe geprüft, was möglich ist, und dann die Fahrt auch ausgeschrieben. «Seit die Deutsche Bahn offiziell bekannt gegeben hat und es in den Medien ist, dass sie streiken wollen, ist das Interesse exponentiell angestiegen.» Damit die Fans rechtzeitig in der Halle sind, hat das Car-Unternehmen reichlich Zeit-Puffer eingerechnet. «Wir finden das super, dass wir einspringen und die Fans das Spiel so auch wirklich besuchen können», so Thomet.

Weitere Schweizer Spiele voraussichtlich nicht betroffen

Auch auf das private Auto steigen wohl zahlreiche Handball-Fans um. «Eigentlich haben wir gedacht, dass wir mit dem Zug gehen, damit es nicht verlorene Zeit ist», erklärt Sandra Caspar aus Thun. Auch weil es umweltfreundlicher gewesen wäre, hätten sie lieber die Bahn genommen. Doch wegen der Streiks steigen sie und ihre Familie auf das Auto um. «Wir hoffen, dass wir nicht in eine Traktor-Kolonne geraten.» Sie würden sich den Besuch in Düsseldorf aber nicht nehmen lassen: «Wer sich mit Handball auskennt, weiss, dass dieses Spiel ein absolutes Highlight ist.»

Der Bahnstreik ist bis Freitag angesetzt. Fans, die spätere Spiele besuchen, haben trotzdem einen Plan B. «Wir hoffen, dass wir am Samstag mit dem Zug anreisen können», erzählt Maura Feuz. Die Thunerin reist gemeinsam mit ihrem Partner für das zweite Spiel der Schweiz am Sonntag nach Berlin. «Wir haben geschaut, wie wir am besten dort hinkommen und haben die Angebote verglichen. Mit dem Zug via Basel kommen wir ziemlich praktisch nach Berlin.» Nun sei die Reise wegen des Streiks nicht mehr sicher, deshalb habe sie sich Alternativen überlegt. «Wenn es nicht geht, dann ist der Plan B, dass wir spontan einen Flug buchen.»