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«Aus Grossmutters Küche» – Restaurant Romy lebt von Emotionen

In Berner Altstadt

«Aus Grossmutters Küche» – Restaurant Romy lebt von Emotionen

31.05.2023, 12:26 Uhr
· Online seit 31.05.2023, 12:04 Uhr
In der Altstadt in Bern hat vor etwas über zwei Monaten das Restaurant Romy seine Türen geöffnet. Die Gerichte: traditionell österreichisch und portugiesisch. Die Location: aussergewöhnlich mit Pflastersteinen. Der Inhaber: geprägt von den Einflüssen seiner beiden Grossmütter.
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Pascal Ralo bezeichnet sich selbst als «Kind von Europa». Er hat für sein junges Alter bereits an den verschiedensten Orten auf der Welt als Koch gearbeitet: unter anderem in London, Berlin und im Schwarzwald. Ursprünglich stammt er aus Baden, nun hat es ihn in die Rathausgasse in die Berner Altstadt verschlagen, nachdem er beim Casino in Bern angestellt war. Zusammen mit seiner Partnerin machte er sich mit dem Restaurant Romy selbstständig.

BärnToday: Wie ist der Betrieb angelaufen?

Pascal Ralo: Wir sind sehr zufrieden und haben das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. Jede Woche gehen mehr Reservationen bei uns ein. Und das Feedback der Gäste ist positiv. Das macht Spass und es macht glücklich. Ich habe in meiner Karriere bereits ein paar Eröffnungen mitgemacht, aber das war meine erste eigene. Obwohl es viel Arbeit ist, die Tage lang sind und man irgendwann erschöpft ist. Ich stehe häufig 12 Stunden im Restaurant. Auch das eine oder andere Tränchen habe ich verdrückt – primär waren es aber Freudentränen. Mit der Selbstständigkeit ist ein Kindheitstraum von mir und meiner Partnerin in Erfüllung gegangen.

Das Konzept von dir ist speziell – wie sieht es aus?

Ich habe zwei Grossmütter, Avo aus Portugal, Romy stammt aus Österreich – genauer aus Wien. Ein Grossvater kommt zudem aus Hamburg. Ich habe Wurzeln überall und so bin ich auch aufgewachsen. Wir haben alle zusammen in einem Haus gelebt, mit meiner österreichischen Grossmutter Romy, meiner Mutter und meinem Vater. Viele Kulturen flossen in unser Essen ein und das war das Spannende. Nun möchte ich das Österreichische und Portugiesische von meinen Grossmüttern fertig erzählen. Aber ich entwickle ihre Rezepte natürlich weiter, zum Beispiel die Saucen, dass sie etwas moderner daherkommen. Ich koche zum Beispiel auch ein Knödel-Familienrezept von meiner Urgrossmutter aus Wien nach.

Hast du deinen Grossmüttern früher beim Kochen über die Schultern geschaut?

Ich bin bereits sehr früh in der Küche gestanden, weil mein Grossvater und meine Eltern je einen eigenen Betrieb hatten. Deshalb habe ich die Faszination für das Kochen wahrscheinlich so früh entwickelt. Früher haben wir auch alle bei Romy zu Mittag gegessen. Ich habe früh mitgekocht und mitgeholfen. Es gibt viele Bilder von mir in einer Küche.

Das Restaurant ist aber nur nach einer Grossmutter benannt, nach Romy. War sie deine Lieblingsgrossmutter?

Romy ist eine Frau, die mich im Leben sehr geprägt hat. Ich bin bei ihr aufgewachsen, weil sie in der Wohnung oberhalb von uns gelebt hat. Ich wäre nicht dort, wo ich jetzt bin, ohne sie. Sie hatte und hat immer noch einen grossen Einfluss auf mich. In jedem Raum des Restaurants findet sie sich wieder. Es hat Schmuckstücke oder auch eine Lampe von ihr im Lokal. Unser Konzept lebt von Emotionen.

Was wurde dir von ihr mitgegeben?

Klar, der Ehrgeiz. Dass man immer dranbleibt. Sie selbst hatte nicht das einfachste Leben, weil sie während des Kriegs aufwuchs. Durch sie habe ich gelernt, durchzubeissen und immer ein Ziel vor Augen zu haben.

Du bekochst deine Gäste in einer speziellen Location. Beschreibe die Räume.

Der grössere Essbereich war früher ein Pferdestall. Das ist auch noch ersichtlich: Auf dem gepflasterten Boden, welcher denkmalgeschützt ist, sieht man noch heute, wo die Pferdeboxen gestanden haben. Und an der Decke befinden sich noch immer Strohluken, durch welche früher das Stroh für die Pferde hinuntergeworfen wurde.

Im anderen Raum nebenan kann man uns Köchen beim Werk zuschauen. Da ist man als Gast mitten in der Küche – mitten im Geschehen. Auch dort gibt es einige Tische, vis à vis vom Buffet. Beide Räume haben ihr eigenes Flair. Weil die Küche offen aber ist, findet man bei uns gewisse Speisen nicht – zum Beispiel Wiener Schnitzel. Das ganze Lokal würde sonst nach Schnitzel riechen...

Immer wieder eröffnen in Bern neue Restaurants. Wie will man sich von der Konkurrenz abheben?

Wir sind etwas anders als andere Restaurants. Allein schon aufgrund des Konzepts. Aber wir versuchen auch, den Gast mehr wertzuschätzen. Ich als Koch bringe die Gerichte selbst an den Tisch. Und erzähle die Geschichte zum Gericht und von meiner Grossmutter Romy.

Bei den Produkten lege ich Wert auf Schweizer Produkte oder solche, die aus der Region kommen. Im Moment haben wir den Belper Spargel auf der Karte. Auch unterscheiden sich die Produkte der schweizerischen Küche nicht immens von denen in Portugal oder in Österreich. Ich koche zum Beispiel sehr viel mit Zwiebeln oder Kartoffeln.

An welche Momente im Romy erinnerst du dich bis jetzt am liebsten zurück?

Das war an einem Abend als das Restaurant voll war, ich stand mit meiner Partnerin vor dem Lokal und wir blickten hinein in den vollgefüllten Raum. Und wir realisierten dann: ‹Das ist unseres›. Das sind so Momente, die sind einfach schön. Oder einmal kam ein Deutscher zu mir zum Essen und ich habe ja auch deutsche Wurzeln. Dieser sagte, er fühle sich wie zu Hause. Er hätte Kindheitserinnerungen, wenn er meinen Siedfleischsalat isst. Ein anderer Gast sagte: ‹Ralo, du legst dein Herz hier auf den Tisch›. Das sind die schönsten Komplimente, die ich bekommen kann. Und genau das ist mein Ziel: Beim Essen Emotionen auszulösen.

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veröffentlicht: 31. Mai 2023 12:04
aktualisiert: 31. Mai 2023 12:26
Quelle: BärnToday

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