Rückkehrzentrum in Bern West

SVP und SP sind sich einig – aus unterschiedlichen Gründen

· Online seit 03.02.2023, 07:05 Uhr
Die SVP spricht von Delikten im Umfeld der Unterkunft und fordert einen Sicherheitsdienst, ansonsten müsse das Rückkehrzentrum schliessen. Auch die SP stört sich am unterirdischen Rückkehrzentrum und spricht von unzumutbaren Verhältnissen.
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Das Anfang Jahr eröffnete Rückkehrzentrum in Bern-Brünnen sorgt für Diskussionen: SVP-Stadtrat Janosch Weyermann schreibt in einer Medienmitteilung vom Mittwoch, dass sich «Personen aus der Asylunterkunft auf Privatgelände begeben und dort probieren, sich Zugang zu Fahrzeugen zu verschaffen». Es sei deswegen auch bereits zu einem Polizeieinsatz gekommen und es würden sich Beschwerden aus den benachbarten Quartieren häufen.

Die SVP Bümpliz und Umgebung fordert deshalb die Sicherheitsdirektion auf, für «Ordnung und Sicherheit» zu sorgen. So soll ein Sicherheitsdienst engagiert werden, um die Schliessungszeiten und die nächtliche Anwesenheitspflicht durchzusetzen. «Ansonsten ist die Anlage zu schliessen und nicht mehr weiterzubetreiben», schreibt die SVP weiter.

Zwei Fälle im neuen Jahr

In ihrem Schreiben stützt sich die Partei auf einen scheinbar betroffenen Quartierbewohner, Christian Fahlsabend. Auf Anfrage bestätigt dieser das Geschilderte nur teilweise: Er habe tatsächlich sieben Diebstahlversuche an Auto und Häusern beobachtet, fünf davon seien allerdings im letzten Jahr passiert, als es das Rückkehrzentrum in Bern-Brünnen noch gar nicht gab. Aus dem neuen Jahr seien ihm lediglich zwei Fälle bekannt.

Fahlsabend betont ausserdem, ihm gehe es vor allem darum, dass die Bevölkerung darauf sensibilisiert werde, Autos und Häuser abzuschliessen.

Nur ein strafrechtlich relevanter Fall

Sowohl die Kantonspolizei Bern als auch das Amt für Bevölkerungsdienste (ABEV) haben Kenntnis von nur einem strafrechtsrelevanten Zwischenfall im näheren Umfeld des Rückkehrzentrums. Die Kapo bestätigt lediglich, dass bisher eine Person aus dem Rückkehrzentrum im Zusammenhang mit einem Einschleichdiebstahl festgenommen wurde. Grundsätzlich hätten Vermögensdelikte in Bern-Brünnen seit Anfang Jahr aber zugenommen, Abklärungen zur Täterschaft seien «noch im Gange».

Von Beschwerden durch Anwohnerinnen und Anwohner, wie sie im Schreiben der SVP beschrieben werden, hat das ABEV keine Kenntnis. Auf Anfrage erklärt das Amt ausserdem: «Das ABEV ist bestrebt, dem Sicherheitsbedürfnis sowohl der anliegenden Firmen wie auch der Anwohnerinnen und Anwohner im Rahmen seiner Möglichkeiten Rechnung zu tragen.» Es stehe in engem und regelmässigen Austausch mit den relevanten Parteien, wie etwa der Eigentümerschaft, der Kantonspolizei und weiteren Behörden. Ausserdem sei das Personal der Betreuungsdienstleisterin auch mit Blick auf Deliktvergehen bestens geschult. Klar sei aber: «Die Möglichkeiten, einen Diebstahl zu verhindern, sind – wie wohlgemerkt in jedem Bereich der Gesellschaft – stark limitiert.»

SP gegen unterirdische Unterkunft

SP-Stadtrat Szabolcs Mihalyi hat keine Kenntnis über Delikte aus dem Umfeld des Rückkehrzentrums. Dennoch findet er die Unterbringung von Menschen im Rückkehrzentrum Brünnen nicht ideal. Ein entsprechender Antrag der Alternativen Linke werde deshalb im Stadtrat von der SP miteingereicht. «Wir wollen in der Stadt Bern keine unterirdischen Flüchtlingsunterkünfte», erklärt Mihalyi. Diese seien nicht zumutbar.

Mihalyis Eltern seien auch als Flüchtlinge im benachbarten Bern-Bethlehem angekommen, als der heutige Stadtrat selbst erst vier Jahre alt war. «In dieser Zeit hat man uns auch nicht in einen Bunker gestellt. Mein Vater durfte relativ schnell arbeiten und wir sind innerhalb weniger Wochen im Holenacker eingezogen.»

Besonders störend an der Medienmitteilung der SVP sei aber die Forderung nach einem Sicherheitsdienst, der die Schliessungszeiten der Unterkunft sowie die nächtliche Anwesenheitspflicht der Bewohner durchsetzt: «Die SVP fordert eigentlich, dass man die Leute über Nacht einsperrt.» Nach Schweizer Gesetz würden Menschen dann eingesperrt, wenn diese eine Gefahr für andere seien: «Flüchtlinge sind das grundsätzlich nicht».

(pfl)

veröffentlicht: 3. Februar 2023 07:05
aktualisiert: 3. Februar 2023 07:05
Quelle: BärnToday

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