Berner Ständeratswahlen

Wasserfallen, Grossen und der bisherige Salzmann – dafür stehen die Kandidierenden

15.10.2023, 19:52 Uhr
· Online seit 14.10.2023, 08:29 Uhr
Am 22. Oktober wird gewählt. Für die zwei Berner Ständeratssitze kandidieren 17 Personen. In der Sendung «Bäregrabe» kommen die Kandidatinnen und Kandidaten der grossen Parteien zu Wort. Flavia Wasserfallen (SP), Werner Salzmann (SVP, bisher) und Jürg Grossen (GLP) diskutieren über AHV, Energie, Zuwanderung und EU.

Quelle: TeleBärn

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Wie soll die AHV langfristig gesichert werden?

Angesichts der Preissteigerungen im Gesundheitswesen, für Strom und Miete bliebe den Rentnerinnen und Rentnern immer weniger im Portemonnaie, sagt Flavia Wasserfallen (SP). «Nächstes Jahr werden die Weichen gestellt, ob wir die Renten stärken oder ob es einen Abbau gibt.» Sie meint damit die Abstimmungen über die 13. AHV-Rente und die BVG-Reform im 2024.

Werner Salzmann (SVP) sieht als Mittel gegen die Teuerung nicht einen generellen Ausbau der AHV, sondern Massnahmen speziell für Rentenbezüger, die keine 2. Säule haben. «Die unteren Renteneinkommen muss man anheben», ist er überzeugt. Ausserdem müsse man bei der Ehegattenrente – Verheiratete erhalten zusammen 150 Prozent AHV – über die Bücher.

«In dieser Legislatur haben wir viele Vorlagen gemacht», sagt Jürg Grossen (GLP). Dazu gehören die Rentenaltererhöhung auf 65 und die BVG-Reform, die er befürwortet. Die linke Initiative für eine 13. AHV-Rente, die im «Giesskannenprinzip» auch an Reiche ginge, lehnt er ab. Ebenso die generelle Rentenaltererhöhungs-Initiative der JFDP. «Beide sind nicht zielführend.»

Werden wir die gesetzten Klimaziele erreichen?

«Das Volk hat entschieden, wir müssen bis 2050 aus der fossilen Energie aussteigen», sagt Salzmann. Wenn er die Lage analysiere, habe er aber Bedenken. «Wenn wir das umsetzen wollen, brauchts einen Rieseneffort und eine grosse Flexibilität und bei den Einsprachen.» Wichtig ist ihm die Technologieoffenheit: Neue AKWs zu bauen, ist für ihn auch eine Option. Er betont gleichzeitig: «Selbst wenn die Schweiz die Ziele erreicht, wird kein Gletscher weniger schnell schmelzen und kein Erdrutsch verhindert.» Die grossen Länder müssen mitmachen.

Die Klimaziele müsse man erreichen, «damit unsere Kinder noch eine lebenswerte Welt haben», so Wasserfallen. Klar sei es nicht einfach, aber in der Schweiz habe man Geld, eine exzellente Forschung und Investitionsfreude bei Verwaltung und Wirtschaft. «Aber es braucht auch ein Entgegenkommen aller Seiten, man kann nicht bei jedem Projekt auf die Barrikaden gehen.»

Grossen sieht den Kanton Bern in einer hervorragenden Ausgangslage. «Der Regierungsrat und die Verwaltung haben zusammen mit der BKW geschaut, dass wir nicht so eine schwierige Situation haben wie im Wallis.» Alpine Anlagen könnten gebaut werden, insbesondere in den Skigebieten, wo die Landschaft bereits beeinträchtigt ist und schon Infrastruktur besteht. Er findet ausserdem, dass man bestehende AKWs laufen lassen soll, solange sie sicher seien.

Quelle: TeleBärn

Wie viel Zuwanderung verträgt die Schweiz?

Salzmann kommt auf die Masseneinwanderungsinitiative seiner Partei, der SVP, zu sprechen. Diese sei vom Parlament nicht umgesetzt worden: «Das war ein Fehler und die Konsequenzen sehen wir jetzt.» Er wäre für Kontingente gewesen. Wenn trotz hoher Zuwanderung die Fachkräfte fehlten, dann «kommen die Falschen», so seine Bilanz. Das Dublin-Abkommen sei zudem gescheitert: Illegale Einwanderer und Asylbewerber würden die Sozialwerke belasten.

Wasserfallen ist sehr froh um die Arbeitsmigration. «Bei den Gesundheitsberufen haben wir fast 50 Prozent mit ausländischem Diplom.» Ohne sie würde es nicht gehen. «Doch könnten wir unsere Hausaufgaben noch besser machen», ist sie überzeugt. Sie spricht die Pflegeinitiative an, die eine Ausbildungsoffensive vorsieht, und den Numerus Clausus beim Medizinstudium.

Das System «verhebe» schon, sagt auch Grossen. «Aber es ist nicht so, dass es nicht Verbesserungspotenzial gibt.» Die SVP würde zudem die Zahlen vermischen: Der grosse Teil der Einwanderer fliesse in den Arbeitsmarkt. «Und unsere Wirtschaft braucht diese Leute.» Das inländische Fachkräftepotenzial gelte es zu steigern, auch mit steuerlichen Anreizen. Auf der anderen Seite seien für abgelehnte Asylbewerber Rückübernahme-Abkommen wichtig.

Was halten Sie von der EU-Politik des Bundesrats?

Die EU übe extremen Druck aus, sagt Salzmann. «Das ist mir extrem unsympathisch.» Für ihn ist zentral, auf Augenhöhe zu verhandeln. «Wir bieten auch etwas.» Die bilateralen Verträge seien die Alternative zum EWR-Nein gewesen. Bei der nun geforderten dynamischen Rechtsübernahme werde «an der direkten Demokratie gekratzt». Es gehe um die Mitbestimmung.

«Wir brauchen geregelte Beziehungen zur EU», sagt Wasserfallen. Diese müssten auch vom Volk angenommen werden. Als Gesundheitspolitikerin zitiert sie als Beispiel Medikamente und Medizinalprodukte, zu denen die Schweiz derzeit keinen Zugang hat. «Der Bundesrat soll die Verhandlungen wieder aufnehmen» – dann könne das Parlament das Ergebnis beurteilen.

Grossen kritisiert den Bundesrat. Dieser habe die Verhandlungen für ein Rahmenabkommen abgebrochen und damit die EU vor den Kopf gestossen. «Man muss sich nicht wundern, wenn diese nun Druck aufsetzt.» Man müsse nun einen anderen «Drive» hineinbekommen. Grossen vergleicht Europa mit einem Mehrfamilienhaus. «Da gibt es ein gewisses Regelwerk, das für alle gilt, wir sind auch eine Wohnung in dem Mehrfamilienhaus und möchten auch Zugang haben.»

Diesen Vergleich nimmt Salzmann auf: «In einem Mehrfamilienhaus muss Gleichberechtigung da sein, und nicht nur einer hat den Kühlschrank offen und alle anderen bedienen sich.» Letztlich, kontert Flavia Wasserfallen zum Schluss, müsse aber Bundesrat Ignazio Cassis mit der EU die Verhandlungen wieder aufnehmen – weder Werner Salzmann, Jürg Grossen noch sie selbst.

veröffentlicht: 14. Oktober 2023 08:29
aktualisiert: 15. Oktober 2023 19:52
Quelle: BärnToday

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