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Christian Fassnacht: «Ich habe meine Träume schon längst übertroffen»

Verabschiedung in Bern

Christian Fassnacht: «Ich habe meine Träume schon längst übertroffen»

31.07.2023, 20:23 Uhr
· Online seit 31.07.2023, 17:36 Uhr
Am Montag verabschiedete sich der langjährige YB-Spieler Christian Fassnacht von seinem Team in Bern. Er wechselt ins Ausland, zum englischen Zweitligisten Norwich City. Wie er den Abschied erlebte und worauf Fassnacht bei seinem neuen Arbeitgeber hofft, verrät er im Interview.
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BärnToday: Heute hast du dich im Verein verabschiedet, wie lief das ab?

Christian Fassnacht: Es war keine grosse Sache, es war kein offizieller Termin. Ich bin einfach vorbeigegangen und habe allen Mitspielern «Hoi», beziehungsweise «Tschüss» gesagt. Auch auf der Geschäftsstelle habe ich schnell eine Runde gemacht und mich mit dem Staff ausgetauscht, erzählt wie es in den letzten Tagen lief bei mir. Es waren auch emotionale Gespräche dabei. Ich wollte einfach nochmal jeden einmal sehen.

Es war wohl für längere Zeit das letzte Mal, dass du durch das Wankdorf gegangen bist. Wie geht es dir bei diesem Gedanken?

Es ist schwierig, das einzuordnen. Ich habe versucht, mir klarzumachen «du läufst jetzt hier das letzte Mal raus». Aber du realisierst es gar nicht, auch wenn du es dir selbst sagst. Bei den Teamkollegen war es für mich kein «Tschüss, auf Nimmerwiedersehen». Den einen oder anderen sehe ich hoffentlich schon bald wieder. Dadurch habe ich mich nicht mit einem «Goodbye» verabschiedet, vielmehr mit einem «See you soon». Es fühlt sich für mich so an, als ob ich mal einen Moment lang weg bin – wie auf Reisen – und dann sieht man sich wieder. Aber vielleicht ist das auch nur meine Hoffnung, vielleicht ist die Realität dann ganz eine andere.

Wirst du den einen oder anderen Spieler trotzdem ein wenig vermissen?

Das habe ich nicht nur ein bisschen das Gefühl, das ist sicher so. Das, was man bei YB vorfindet, ist wirklich einzigartig. Die Konstellation mit dem Verein, dem Team und den Fans, das habe ich so noch nie erlebt. Ich war zwar noch nicht an so vielen Orten, doch wenn man hört, was andere Mitspieler oder auch Spieler in der Nati erzählen, dann ist klar: In Bern herrscht ein spezielles Ambiente. Und das macht es schwierig für mich, so etwas hinter mir zu lassen.

Es gab keinen grossen Abschied für dich. Ist das kein Thema?

Ich habe heute mit jemanden im Verein kurz gesprochen, das Interesse wäre an sich da. Ich finde aber auch, dass das zeitnah geschehen müsste. Es wäre ein bisschen komisch, mich beispielsweise erst im November zu verabschieden. Logisch, ich würde das sehr gern erleben, aber vielleicht ist es jetzt effektiv so, dass es das in dieser Form nicht geben wird. Der Weggang hat mich mittlerweile auch recht emotional werden lassen. Ich muss nicht vor allen Tränen vergiessen – von dem her wärs nicht schlimm, würde es nicht passieren.

Wie waren deine ersten Tage in Norwich?

Die letzten Tage waren recht chaotisch, weil ich viel reisen musste und es prasselten viele Eindrücke auf mich ein. Erst am Freitag war ich zum ersten Mal in Norwich, vorher war ich lediglich im Trainingslager in Österreich dabei. Ich konnte schon jetzt so viel neue Gesichter und Leute kennenlernen. Bis jetzt habe ich zwar nur zwei Trainings gemacht, aber der erste Eindruck ist mega. Es gefällt mir in Norwich. Die Mannschaft ist super, es hat gute Typen dabei. Ich lasse mich überraschen, was die Zukunft noch bringt. Den Start haben sie mir aber einfach gemacht und ich habe mich schnell wohlgefühlt.

Was fehlt dir noch in deinem neuen Daheim?

Ein Daheim an sich. Die erste Zeit werde ich im Hotel verbringen. Aber ich hoffe, dass ich möglichst bald eine Wohnung oder ein Häuschen in der Region finde. Und sonst fehlt mir mein Englisch – es ist gut und funktioniert, aber wenn die Engländer oder Schotten dann in ihrem Dialekt loslegen, wird es vom Akzent her schwierig. Doch da komme ich rein. Logischerweise fehlt mir auch alles von zu Hause, denn im Moment bin ich alleine. Meine Frau ist noch hier, auch meine Katzen bleiben noch in Bern. Es ist schon so, dass ich von heute auf morgen alles aufgebe und mir etwas Neues aufbaue. Logisch ist das auch schwierig. Ich habe einen Koffer dabei mit ein paar Sachen, viel ist es aber noch nicht. Es braucht dann schon einen Moment, bis ich über Norwich sagen kann: «Jetzt bin ich zu Hause».

Was steht als Nächstes an?

Am Samstag startet die Meisterschaft, darum muss ich zurück nach England. Es geht darum, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Dass ich dort bin, mich einlebe und irgendwie einen Alltag kreieren kann. Morgen bekomme ich ein Auto, da muss ich dann lernen, auf der anderen Seite zu fahren. Es wird sich dann alles einpendeln, aktuell ist es schon ein grosses Abenteuer.

Hättest du früher gedacht, dass du einmal im Ausland spielen wirst?

Ich glaube, ich habe meine Träume schon längst übertroffen. Ich war nie nah dran, eine wahnsinnige Karriere hinzulegen, es lief mehr so Schritt für Schritt. Da habe ich mich nie getraut, davon zu träumen, im Ausland zu spielen. Irgendwann wird man damit konfrontiert, vielleicht auch, weil es die Medien thematisieren, oder weil es mal ein Interesse gibt. Als ich in Winterthur meinen ersten Profivertrag unterschrieb, war es das erste Mal, dass wirklich ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Ich hätte es mir aber nie erträumt, Schweizer Meister zu werden, für die Nationalmannschaft aufzulaufen, Champions League zu spielen oder jetzt auch im Ausland zu spielen.

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veröffentlicht: 31. Juli 2023 17:36
aktualisiert: 31. Juli 2023 20:23
Quelle: BärnToday

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