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«Hoher Aufwand» und «geringer Nutzen» bei Digitalisierung

Elektronisches Patientendossier

«Hoher Aufwand» und «geringer Nutzen» bei Digitalisierung

07.08.2023, 18:32 Uhr
· Online seit 07.08.2023, 18:29 Uhr
Es soll im Notfall Leben retten und es soll die Gesundheitskosten eindämmen: Das elektronische Patientendossier. Doch der digitale Heilsbringer ist bislang ein ziemlicher Papiertiger.
Adrian Wüthrich / Lara Aebi
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Sogar Gesundheitsminister Alain Berset hat selbst noch kein elektronisches Patientendossier (EPD). Ebenso wenig wie über 99 Prozent der Bevölkerung. Erst 20'000 Dossiers sind gemäss «Tamedia»-Zeitungen schweizweit eröffnet worden.

Bundesrat Alain Berset wolle bei Gelegenheit «öffentlichkeitswirksam» sein persönliches EPD eröffnen, wird seine Sprecherin zitiert. Wann dies sein wird, lässt sie offen.

Harzige Einführung

Seit 15 Jahren ist das EPD hierzulande ein Thema, kommt aber nicht recht vom Fleck: Bis Mitte Oktober läuft derzeit die Vernehmlassung zu einem weiteren Gesetzesentwurf, der auch die Apotheken und Hausärzte verpflichten will, beim elektronischen Austausch der Gesundheitsdaten mitzumachen. Pflegeheime und Spitäler müssen dies bereits seit drei Jahren. Allerdings machen weniger als die Hälfte dieser Institutionen mit, wie verschiedene Medien bereits Mitte Juli berichteten.

Das EPD sei offenbar zu wenig attraktiv: Sowohl Patienten als auch Fachkräfte würden es noch kaum nutzen. Kritik kommt von den Konsumentenschützern und der Ärzteschaft. Die administrativen Hürden und der technische Aufwand seien hoch. Zudem sei es bei sieben zertifizierten EPD-Anbieter schwierig, den Überblick zu behalten.

Keine Lust auf Umfrage 

Eine kleine, nicht-repräsentative Umfrage von BärnToday zeigt, dass auch bei den Apotheken und Hausärzten die Euphorie über den geplanten EPD-Anschluss nicht allzu gross ist. Ein Grossteil der Anfragen, ob und weshalb sie das EPD (noch nicht) eingeführt haben, wurde gar nicht erst beantwortet oder mit der Absage, man hätte dafür keine Zeit.

Bieler Hausärztin: Immerhin kein Papier mehr

Eine Hausärztin aus der Region Biel sagt, dass sie die Krankengeschichten ihrer Patienten elektronisch führe, weil dies Arbeit und Platze spare und so Berichte und Daten schneller verfügbar seien. Doch das ist noch kein eigentliches EPD, sondern lediglich eine digital geführte Krankengeschichte im Praxisinformationssystem. Laut Umfrage des Berufsverbands der Ärzteschaft FMH machen dies zwei Drittel der Hausärzte in der Schweiz mittlerweile so, ein Drittel setzt noch immer auf Papier.

Medbase: Würden gerne, aber..

Die Anfrage an die Apothekenkette «Zur Rose» wird von deren neuen Besitzerin, der Migros-Tochter «Medbase Gruppe», beantwortet. Man sei sehr daran interessiert, ein EPD zur Verfügung zu stellen, sei aber noch bei keinem Anbieter angeschlossen. Derzeit werde geprüft, ob das Praxisinformationssystem technisch direkt an das EPD angeschlossen werden könne. «Ein Anschluss an das EPD würde zum jetzigen Zeitpunkt einen hohen administrativen Aufwand mit zu wenig erkennbaren Zusatznutzen für die Qualität und Sicherheit der Behandlung bedeuten». Aus diesem Grund setze man auf die Gesundheitsplattform «Compassana», bei welcher Medbase zu den Mitgründerinnen gehöre.

Wie weiter?

Das EPD soll gemäss Bundesrat eine bessere Behandlung ermöglichen und im Notfall Leben retten, weil Ärztinnen und Ärzte schnell die Krankengeschichte der Patienten einsehen können. Ebenso soll es doppelspurige Behandlungen verhindern und somit die Gesundheitskosten eindämmen. Laut «Tamedia» will der Bundesrat nun die Einführung des EPD vorantreiben. Er plant eine 3,6 Millionen Franken teure Überzeugungskampagne.

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veröffentlicht: 7. August 2023 18:29
aktualisiert: 7. August 2023 18:32
Quelle: BärnToday

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