«Zwei Stunden reichen zum Essen»

Darum besetzen diese Berner Restaurants Tische doppelt

07.08.2023, 12:40 Uhr
· Online seit 07.08.2023, 11:50 Uhr
Diese Beizen sind nichts für langsame Esser. Immer mehr Restaurants wollen ihre Tische abends zweimal decken. Das habe viele Vorteile, wie eine Umfrage von BärnToday zeigt. Dabei geht es vor allem darum, den Umsatz zu steigern – aber nicht nur.
Anzeige

Was im Ausland längst gang und gäbe ist, wird auch hierzulande immer beliebter. Die Rede ist vom sogenannten Double Seating. Dabei werden an einem Abend Tische mehrfach belegt. Ein Beispiel: Die ersten Gäste können um 18 Uhr reservieren. Innert zwei Stunden müssen sie gespeist und den Wein leer getrunken haben. Um 20 Uhr muss der Tisch dann für die nächsten Gäste geräumt werden.

Aus Not wegen Corona 

So setzt etwa das Restaurant Süder im Berner Weissensteinquartier auf diese Praxis. Dieses führte das Double Seating während der Corona-Zeit ein, als Restaurants nur die Hälfte ihrer Plätze vergeben durften. Des Sicherheitsabstandes wegen. «Die doppelte Belegung sorgte dafür, dass wir genügend Gäste hatten», erinnert sich Mit-Inhaberin Renate Fankhauser. Die Praxis hätte dem vielfach ausgezeichneten Restaurant das Überleben gesichert. «Wir mussten niemanden entlassen.»

Die Corona-Massnahmen sind Geschichte, doch das Double-Seating blieb. Wer früh genug im Süder bucht, braucht sich beim Essen nicht zu stressen. Zeichnet sich aber ab, dass ein Abend ausgebucht wird, setzt das Restaurant auf eine doppelte Belegung. Wer dann reserviert, wird online oder am Telefon auf das Zeitfenster hingewiesen. Das betreffe vor allem die Wochenenden.

«Durch die grössere Auslastung steigt der Umsatz. So können wir die Zeiten unter der Woche ausgleichen, an denen wir nicht so gut ausgebucht sind», sagt Fankhauser. Andererseits entastet die Praxis den Service und die Küche, da sich die Arbeit so auf den ganzen Abend verteilt.

Mit dem Double Seating ist der Süder nicht allein. Von 1129 registrierten Restaurants auf der Reservationsplattform Lunchgate gibt es bei 168 Mehrfachbelegungen. Im Kanton Bern sind es bei 115 Restaurants zwölf mit Double Seating.

Missverständnissen vorbeugen 

Darunter ist auch das für Sushi und Steaks bekannte Restaurant Noah in Lyssach. Geschäftsführer Adam Mohasci führt zwei weitere Vorteile ins Feld. Durch Double Seating können die Wartezeiten für die Gäste verkürzt werden. Ausserdem bietet die Praxis mehr Flexibilität bei Reservationen. Damit es nicht zu Missverständnissen kommt, trifft das Restaurant Vorkehrungen.

Mohasci sagt: «Wir informieren unsere Gäste rechtzeitig über die Möglichkeit einer möglichen Überschreitung der maximalen Aufenthaltsdauer. Falls der nächste Gast, der den Tisch einnehmen möchte, eintrifft, während der vorherige Gast noch am Tisch sitzt, bieten wir dem Neuankömmling die Möglichkeit, in unserer Lounge-Abteilung einen Aperitif zu geniessen.» Zu Konflikten sei es bislang nicht gekommen – auch wenn der neu ankommende Gast teils noch einige Minuten warten musste.

Eingeführt wurde das Double Seating in Lyssach Anfang 2022. Im Drehrestaurant Piz Gloria auf dem Schilthorn gibt es das hingegen schon seit sieben Jahren. Man seit damit gut gefahren, sagt Direktor Christoph Egger.

Grund für die Einführung: Die Nachfrage übersteige das Platzangebot. Mit den Reservationszeitfenstern gebe man eine klare und einfach verständliche Struktur vor. «Die Zeitbegrenzung auf 90 Minuten ermöglicht zudem, dass sehr viele Gäste sich den Wunsch von einem James-Bond-Brunch oder einem feinen Mittagessen im Piz Gloria ermöglichen können.» Das wäre ohne Reservationssystem undenkbar, so Egger.

Sind die Gäste beim Essen gestresst? 

Doch schlägt der Stress nicht auf den Appetit? Das Casa Novo am Läuferplatz setzt das Double Seating nur in abgeschwächter Form ein – etwa bei Theatergästen. «Unsere Erfahrungswerte zeigen, dass die Gäste ohne Zeitdruck besser konsumieren als umgekehrt. Für uns ist das Double Seating nur ein Mehrwert, wenn sich die Gäste nicht gestresst fühlen», sagt die stellvertretende Geschäftsleiterin Barbara Herren-Koch.

Der Süder im Weissenstein-Quartier macht hingegen nur gute Erfahrungen. «Grundsätzlich reichen zwei Stunden zum Essen», meint Renate Fankhauser. Es sei eher das Team, dass gefordert sei, so dass die Gäste genug schnell ihr Essen erhalten. Klar sei aber auch: «Für ein Fünf-Gang-Menü mit Weinbegleitung reicht es in aller Regel eher weniger.»

Scan den QR-Code

Du willst keine News mehr verpassen? Hol dir die Today-App.

veröffentlicht: 7. August 2023 11:50
aktualisiert: 7. August 2023 12:40
Quelle: BärnToday

Anzeige
Anzeige
baerntoday@chmedia.ch