Berner Duft-Expertin

«Ich weiss noch, wie meine Nachttischschublade gerochen hat»

14.09.2023, 07:08 Uhr
· Online seit 12.09.2023, 16:57 Uhr
Sie hat Berns Duft kreiert, stellt individuelle Parfums her und ist Autorin eines neuen Buches über duftende Erinnerungen. Brigitte Witschi ist Duft-Expertin. Ein Besuch in ihrem Atelier.
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Wer ein Duft-Atelier betritt, dürfte sich auf viele verschiedene Düfte und Gerüche einstellen, die einem entgegenschweben. Betritt man jedoch Brigitte Witschis Geschäft «Art of Scent» an der Rathausgasse in der Berner Altstadt, riecht man nichts. Nicht ein Hauch eines Geruchs liegt in der Luft. Ein einfach gestalteter Raum, Flakons mit verschiedenfarbigen Flüssigkeiten, Kronleuchter an der Decke. «Dieses Atelier liegt mir sehr am Herzen», sagt Brigitte Witschi. In der Altstadt wohnen möchte sie nicht, denn: «Ich wohne sehr gerne auf dem Land und brauche die Natur um mich herum.» Etwas Distanz zur Arbeit müsse sein.

«Der Geruch der Aare ist unverwechselbar»

Brigitte Witschi ist Duft-Expertin. In ihrem Atelier berät sie Kundschaft, veranstaltet Workshops und kreiert Düfte – sogar den Duft der Bundesstadt hat sie eingefangen. Die «Bern Collection» besteht aus den von Witschi handgefertigten Düften «Aarewasser», «Finn» und «Rosengarten».

Wie sind sie entstanden? «Den Duft der Aare wollte ich schon immer abbilden», verrät die Parfumeurin. «Ich bin zwar keine Aareschwimmerin, aber spaziere oft mit meinen Hunden am Fluss entlang. Der Geruch der Aare ist einfach unverwechselbar.» Sie sei auch viel am Bielersee – dieser rieche aber ganz anders.

Doch wie kann die Bernerin den Geruch unterschiedlichen Wassers unterscheiden? «Es gibt Leute, die viel mehr riechen als andere», erklärt Witschi. «Ich glaube, das ist eine natürliche Begabung.» Diese hätte sie bereits als Kind gehabt. «Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, erinnere ich mich an Duftbilder. Ich weiss beispielsweise noch, wie meine Nachttischschublade gerochen hat.»

Ein individuelles Parfum kreieren

«Mehr riechen als andere» – der eine oder die andere dürfte sich bei diesen Worten an «Das Parfum», das Buch von Patrick Süskind und den gleichnamigen Film erinnern. «Die Seele aller Wesen ist ihr Duft», ist ein Zitat des Protagonisten Jean-Baptiste Grenouille aus dem Werk. Würde Brigitte Witschi diese Aussage unterschreiben? Mit dem mordenden Grenouille wolle sie sich natürlich nicht vergleichen, meint die Duft-Expertin lachend. «Aber an seine Aussage glaube ich. Jedes Ding hat eine duftende Seele – ausser vielleicht Glas.»

Um ihrer Kundschaft die Welt der Düfte näherzubringen, veranstaltet Witschi in ihrem Atelier Workshops – für Einzelpersonen, aber auch für Gruppen. Interessierte erhalten dabei die Möglichkeit, ihr individuelles Parfum zu kreieren und einen Duft nach Hause zu nehmen, den es nirgends sonst auf der Welt zu kaufen gibt. Besonders wichtig sei dabei, sich Zeit zu nehmen, betont Witschi. «Manchmal geht es fast in Richtung einer Meditation. Es ist anders, wenn du bewusst mit Düften arbeitest als wenn du in einer Parfümerie an diesem und jenem Duft riechst.»

Ein Buch aus Dufterinnerungen

Bei diesen Workshops erfahre Witschi immer wieder «Duftgeschichten» von Kundinnen und Kunden – Anekdoten an Erinnerungen und Erlebnisse im Zusammenhang mit Gerüchen. «Einige davon habe ich mir stichwortartig notiert», erzählt die Duft-Expertin. Während der Pandemie – von der ihr Geschäft «sehr hart» getroffen wurde – hat sie begonnen, diese Geschichten aufzuarbeiten. 2023 entstand daraus das Buch «Duftende Erinnerungen – Von der Magie der Gerüche».

Geschrieben hat die ehemalige Deutschlehrerin immer gerne. Ihr Werk bezeichnet sie als «perfektes Geschenk», denn: «Die Leute kommen oft auch selbst ins Gespräch deswegen. Düfte berühren die Menschen sehr.» Vernissage ist am 19. Oktober um 18.30 Uhr in der Zunft zur Webern.

Und danach? Weitere Projekte habe sie noch nicht gross geplant, verrät Witschi. «Das ist etwas, was mich die Pandemie gelehrt hat: Nicht allzu weit zu planen.»

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veröffentlicht: 12. September 2023 16:57
aktualisiert: 14. September 2023 07:08
Quelle: BärnToday

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