Riggisbergs letzter Beck wird überrannt – was bedeutet das für das Dorf?

Nach 21 Jahren ist Schluss: Per Ende August hat die Bäckerei Ernst ihren Betrieb aufgegeben. Während für die Filiale in Toffen eine Nachfolge gefunden werden konnte, bleiben die Türen in der Filiale in Riggisberg für immer geschlossen.

Gab es im 3000-Seelen-Dorf im Berner Gantrisch einst vier Bäckereien, bleibt mit der Feinbäckerei Glücklicher noch eine Bäckerei im klassischen Sinne übrig. Daneben bietet auch das auf Pâtisserie spezialisierte Kafi Riggi Backwaren an.

Warum die Bäckerei Ernst ihren Betrieb aufgab, erfährst du hier: 

Die Feinbäckerei Glücklicher spürt, dass sie seit der Schliessung ihres Mitbewerbers mehr Gipfeli und Brote verkaufen kann. «Verdoppelt haben sich die Verkaufszahlen nicht», sagt Bäcker und Mitinhaber Marco Santovito. «Wir bemerken aber, dass der Verkauf angezogen hat.» Genaue Zahlen kann er keine nennen. Dafür sei es noch zu früh.

Riggisberger schätzen Qualität vom Beck 

Die Kundinnen und Kunden der ehemaligen Bäckerei Ernst seien froh, dass es nach wie vor einen Beck im Dorf gebe, ist Santovito überzeugt. Man habe die Bäckerei denn auch nicht als Konkurrenz, sondern viel mehr als Mitbewerber angesehen. «Daher ist es schade, gibt es diesen Mitbewerber nicht mehr.» Schliesslich sei Riggisberg ein Dorf, in dem viele noch immer lieber zum Beck, zum Metzger oder in die Käserei gehen statt zum Grossverteiler.

Das bestätigt auch Gemeindepräsident Michael Bürki: «Der Detailhandel hat in unserem Dorf generell einen hohen Stellenwert.» Es werde im Dorf, wenn immer möglich, lokal eingekauft. «Der Gang zum Beck wird sehr geschätzt.»

Angesprochen auf die Schliessung der Bäckerei Ernst sagt Bürki: «Es ist sehr schade, dass auch nach langer Suche keine Nachfolgelösung gefunden werden konnte. Ich hoffe, dass sich in nächster Zeit noch eine Lösung findet und diese Bäckerei wieder öffnet.»

Die Feinbäckerei Glücklicher gibt es in Riggisberg erst seit Anfang Juni. Santovito übernahm den Laden gemeinsam mit seiner Partnerin Narcisa Toniutti (beide 27), nachdem der vorherige Besitzer Kurt Steiner unerwartet früh verstorben war.

Die beiden traten mit dem Ziel an, die Riggisbergerinnen und Riggisberger glücklicher zu machen. «Den Rückmeldungen ist uns das bislang gut gelungen», sagt Marco Santovito. Für einen Kassensturz sei es zwar noch zu früh, finanziell stehe man aber grundsätzlich gut da. «Je länger wir im Geschäft sind, umso besser läuft es für uns auch.»

Betrieb in Toffen geht weiter

Nach drei Monaten eröffnen die beiden noch diesen Monat ihre zweite Filiale. Sie sind es nämlich, die die Filiale ihres ehemaligen Mitbewerbers, der Bäckerei Ernst, in Toffen übernehmen. «Das hast sich durch deren Schliessung ergeben und war nicht so geplant. Wir sind sehr froh, können wir die Filialen zu einem fairen Preis übernehmen.»

Dem Bäckereien-Sterben kann also zumindest in Toffen Einhalt geboten werden. Neben der Bäckerei Ernst in Riggisberg traf dieses kürzlich auch den Chrigubeck aus Burgdorf mit insgesamt fünf Filialen. Santovitos Bäckerherz blutet bei solchen Nachrichten. «Das macht mich sehr traurig, da ich weiss, was dahintersteckt. Als Bäcker musst du jeden Morgen früh aufstehen, man muss ‹chrampfe› und steht unter Zeitdruck.»

Dazu komme: «Man verdient immer weniger, alles wird teurer.» Grossverteiler verkaufen ihre Backwaren zudem zu Preisen, mit denen Bäckereien nicht mithalten könnten, sagt er. «Wir versuchen deshalb, stattdessen mit qualitativ hochwertigen Produkten zu punkten.»

Mehr zum Konkurs von Chrigubeck erfährst du hier: