Vorstoss im Kanton Bern

SVP will Betteln verbieten – Fremdenpolizei sieht keinen Handlungsbedarf

· Online seit 04.08.2023, 20:16 Uhr
Ein generelles Bettelverbot in Bern nach dem Basler Modell? Genau das wünscht sich die Berner SVP. Die SP sieht diesen Vorstoss kritisch und auch die Fremdenpolizei denkt, dass ein Verbot die Falschen treffen würde.
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«Das Betteln im Kanton Bern hat zugenommen», sagt SVP-Grossrätin Sandra Schneider. Zusammen mit Thomas Fuchs und Korab Rashiti hat sie einen Vorstoss eingereicht, der im Kanton Bern die Einführung eines generellen Bettelverbotes fordert. Da die Initiative zu einem Bettlerverbot im Basel vom Bundesgericht mehrheitlich bestätigt wurde, befürchtet sie, dass viele Bettler aus Basel in den Kanton Bern wechseln werden. «Deswegen müssen wir jetzt reagieren, damit das nicht auswuchert.»

Für die SVP sei jetzt der beste Moment für eine eigene Initiative: «Anfang April hat das Bundesgericht entschieden, dass die Initiative gesetzeskonform ist, deswegen muss man jetzt im Kanton Bern handeln.» Das Ziel: «Kriminelle Banden sollen nicht mehr betteln dürfen», so Schneider.

SP: «Bettelverbot ist nicht zielführend»

Ein Anliegen, das bei der Berner SP auf wenig Verständnis stösst. «Es ist eine gesellschaftliche Realität, dass es Menschen gibt, die auf Hilfe angewiesen sind und das Recht haben, das im öffentlichen Raum kundzutun und Hilfe zu suchen», sagt Anna Tanner, Co-Präsidentin SP Bern.

Bei einem allgemeinen Bettelverbot hätten solche Menschen gar keine Möglichkeit mehr, mit Menschen in Kontakt zu treten und um Hilfe zu fragen. «Es braucht Mittel, um Armut sinnvoll zu bekämpfen, und ein Bettelverbot ist da nicht zielführend», so Tanner. Und diese Mittel gebe es in Form von Gassenarbeit und Pinto, die mit den Leuten spricht und schaut, welche Hilfssysteme greifen könnten.

«Praktisch keine ausländischen Bettler in Bern»

Die Berner Fremdenpolizei freute sich zwar im Frühjahr über den Bundesgerichtsentscheid in Basel und sah sich in ihrem Durchgreifen gegen Bettlerinnen und Bettler bestärkt. Solche, die sich aufdringlich verhielten, würden kontrolliert und weggewiesen. Und wenn es EU-Bürgerinnen und -Bürger ohne Wohnsitz in der Schweiz seien, müssten sie die Schweiz verlassen, sagte Alexander Ott, Leiter Fremdenpolizei der Stadt Bern, gegenüber SRF.

Doch auch Ott hält ein generelles Bettelverbot für «nicht zielführend». Die Situation in Bern sei sehr gut: «Aktuell haben wir praktisch keine ausländischen, bettelnden Personen mehr. Das Konzept, welches wir seit 2008 fahren, wurde dieses Jahres vom Bundesgericht bestätigt. Wir gehen die Situation interdisziplinär an und schauen, ob die Leute Ausbeutungsopfer sind.» So gebe es aber auch Phasen, in welchen ausländischen Bettelnde wieder vermehrt kommen.

Befürchtungen, dass Basler Bettler nach Bern kommen, hat Ott keine: «Basel-Stadt hat unser Konzept bezüglich Freizügigkeitsabkommen übernommen. Wenn sie dort mit dem gleichen Verfahren umgehen wie wir, passiert das nicht.»

Ein Bettelverbot sieht der Leiter der Fremdenpolizei als keine gute Idee, da es die falschen Leute treffen würde: «Leute, die bereits ausgebeutet werden, die bestraft man damit nochmals.»

(dak)

veröffentlicht: 4. August 2023 20:16
aktualisiert: 4. August 2023 20:16
Quelle: BärnToday

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