Nach Konkurs in Langenthal

So blicken Brauereien im Kanton Bern in die Zukunft

· Online seit 14.05.2023, 11:21 Uhr
Während in Langenthal die Brau AG Konkurs anmelden musste, durften – nur 25 Kilometer entfernt – die Aktionärinnen und Aktionäre der Burgdorfer Gasthausbrauerei auf ein gutes Geschäftsjahr anstossen. Wie geht es anderen Vertretern der Branche?
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Am Freitag wurde bekannt, dass die Brau AG Langenthal, Herstellerin des 49er Bieres, die Bilanz deponieren musste. Es war ihr nicht gelungen, genügend Geld aufzutreiben, um ihre Anlagen an einen neuen Ort zu zügeln. Es ist nicht die erste Hiobsbotschaft dieses Jahr für Trinkerinnen und Trinker regionaler Biersorten: Schon vor zwei Wochen hatte die in Burgdorf ansässige, auf Craft Beer spezialisierte Blackwell Brewery die Einstellung des Betriebs per Ende Juni angekündigt. Und auch die Soorser Bier AG im Nachbarkanton Luzern musste Anfang dieses Monats mitteilen, dass sie die Produktion nicht mehr aufrechterhalten kann.

Bier für Aktionärinnen und Aktionäre

Blackwell und Soorser gaben als Grund die gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise an. Diese – und die Folgen der Coronakrise – hat wohl jede der aktuell 1222 Brauereien im Land zu spüren bekommen. Dennoch legte am Samstag die Burgdorfer Gasthausbrauerei AG schwarze Zahlen vor. Der Absatz hat 2022 laut Communiqué um 48'000 Liter auf 758'000 Liter zugelegt und liegt damit nur noch gut fünf Prozent unter Vor-Corona-Niveau. Trotz hoher Einkaufspreise und Mehrkosten von 100'000 Franken, etwa für Energie, beträgt der Gewinn knapp 60'000 Franken.

Das sei «sehr befriedigend», wird Stefan Aebi, Präsident des Verwaltungsrates, zitiert. «Es zeigt, dass die Gastronomie und die Eventbranche wieder massgeblich bessere Abnehmer sind.» An der 25. Generalversammlung in einem Festzelt auf der Burgdorfer Schützenmatte wurde den knapp 2000 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären am Samstagabend die erfreuliche Nachricht übermittelt. Den Teilnehmenden wurde, wie jedes Jahr, Freibier ausgeschenkt.

Ganze Branche vor Herausforderungen

Die Burgdorfer Gasthausbrauerei produziert am viertmeisten Bier im Kanton. Rugenbräu aus Matten bei Interlaken ist mit über vier Millionen Litern die grösste Brauerei auf Berner Boden. Auch sie darf auf ein gutes Jahr zurückblicken. Genaue Zahlen werden nicht publiziert, da es sich um ein Familienunternehmen handelt. Geschäftsführer Remo Kobluk sieht sich aber mit denselben gestiegenen Kosten konfrontiert wie die Mitbewerber. Und das sei nicht alles: «Der Fachkräftemangel, der umkämpfte Markt und generell die Marktgegebenheiten fordern auch uns.» Der Jahresstart 2023 sei etwas verhalten gewesen. «Wir sind aber sehr zuversichtlich, dass es wieder eine gute Saison wird», sagt Kobluk. Die aktuellen Signale seien positiv.

Optimistisch stimmt ihn insbesondere, dass nach der Pandemie die Festivals und Events wieder an Fahrt aufgenommen haben. «Damit sind wir in der Produktion und in der Sponsoring- und Eventabteilung ausgelastet.» Zudem werde die Lancierung von neuen Produkten vorbereitet: «Im Frühsommer und im Herbst je eine Master Distiller Edition unseres Swiss Mountain Single Malt Whiskys und im Herbst ein neues Bier.» Und im Juni werde zusammen mit der Stockhornbahn ein Projekt – ein Whiskyfass zur Reifung im Hinterstockensee – lanciert.

Preiserhöhung unumgänglich

Auch die Brauerei Felsenau, die zweitgrösste im Kanton Bern, blickt auf eine schwierige Zeit zurück. Der Preis des Stroms, den man für die Kühlung, das Pumpen und Abfüllen des Bieres brauche, habe sich im letzten Jahr vervierfacht, auch das Öl zum Erhitzen der Bottiche habe sich verteuert. «Zeitweise ist zudem das Glas knapp geworden», erklärt Geschäftsführer Bernard Fuhrer. Zum Teil habe man die Mehrkosten an die Kundinnen und Kunden weitergegeben.

«Wir haben den Preis um zehn Rappen erhöht. Alles kann man aber nicht auf den Endkunden abwälzen», so Fuhrer. Felsenau habe deshalb auch Einsparungen machen müssen und Prozesse weiter optimiert. Für Klein- und Kleinstbrauereien sei dies nicht leicht. «Es gibt immer mehr Brauereien in der Schweiz. Dass es eine Bereinigung geben wird, sah man kommen.»

Seit 142 Jahren gibt es die Brauerei Felsenau. Die eine oder andere Krise hat sie in dieser langen Zeit schon bewältigt. «Man lernt und kommt gestärkt raus aus Krisen», ist Fuhrer überzeugt. «Wenn die Qualität stimmt und man einen Namen hat, dann kann man es überleben. Wenn man aber schon vor der Krise das Wasser am Hals hatte, dann wird es schwierig.»

Neue Anlagen in Worb geplant

Noch älter ist der drittgrösste Player im Bernbiet: Egger Bier aus Worb feiert dieses Jahr das 160-jährige Bestehen. «Das freut uns sehr», sagt David Santschi, technischer Geschäftsleiter und Braumeister. «Steigende Energie- und Rohstoffpreise sind für alle Brauereien eine Herausforderung», schreibt er auf Anfrage. Doch für die Albert Egger AG kommt eine weitere Herausforderung dazu: Im Jahr 2020 hatten alte Anlagen ausser Betrieb genommen werden müssen, da sie den wirtschaftlichen und qualitativen Anforderungen nicht mehr genügten.

«Aktuell besprechen wir unsere Baupläne der neuen Brauerei mit den zuständigen Behörden und erhoffen uns eine Baugenehmigung bis im Herbst 2023», so Santschi. «Danach werden wir mit dem Umbau unserer Lagerhalle beginnen und 2024 die neuen Brau- und Abfüllanlagen in Betrieb nehmen.» Der Bau der neuen Brauerei soll eine Effizienzsteigerung bringen. Man sei laufend daran, Prozesse zu optimieren und neue Produkte auf den Markt zu bringen. Auch Restrukturierungsmassnahmen seien bereits erfolgt. Wirtschaftlich sei man «auf Erfolgskurs».

Kleinste müssen neue Wege gehen

Für die kleineren Brauereien im Kanton, die es noch nicht so lange gibt, wie etwa die vor neun Jahren gegründete Simmentaler Braumanufaktur in Lenk, ist in den letzten Jahren kaum ein Harass auf dem anderen geblieben. «Vor der Coronakrise haben wir zu 90 bis 95 Prozent die lokale Gastronomie und den kleinen Detailhandel beliefert», sagt Mitinhaber David Ziörjen. «Von einem Tag zum anderen ist alles komplett zugegangen und wir mussten innovativ werden.»

Das wichtige zweite Standbein sei nun der Onlineshop mit Lieferungen in die ganze Schweiz sowie ein Member Club. «Wir hatten zwar schon vor Corona einen Webshop, der lief aber eher schwach.» Geholfen habe die Solidarität der Fans des Bieres, aber auch das Marketing. «Es geht um Erinnerungen an Skiferien, an Wanderferien. Das ist eine emotionale Geschichte.»

Verkauft wird inzwischen nicht mehr nur Bier, sondern auch Simmentaler Leckerli, Pasta und Biergelée. Angesprochen auf die Brauereien, die jüngst Konkurs angemeldet haben, sagt Ziörjen: «In der aktuellen Situation müssen sich Brauereien, ob gleich klein oder kleiner als wir, immer wieder neu erfinden, um Erfolg zu haben.» Was sein Team angeht, ist er aber optimistisch. «Wir haben zwei Krisen überstanden, haben uns selbst gerettet, haben überlegt, wie wir uns über Wasser halten und Geld verdienen können.» Der Markt werde sich sicher noch weiter verändern. «Aber nach dieser schwierigen Zeit haben wir unseren Platz gefunden.»

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veröffentlicht: 14. Mai 2023 11:21
aktualisiert: 14. Mai 2023 11:21
Quelle: BärnToday

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